Der Weg des Schwertes

Kapitel 02 – Überfall

“Wir bringen die Taschen nur schnell hoch, dann können wir in einem Café noch was trinken gehen.” Heiji schloss die Tür auf, nahm Ran die Tasche ab und brachte das Gepäck zusammen mit Shinichi in das Gästezimmer. Zu viert machten sie sich dann auf den Weg in das Zentrum von Osaka. Es war Freitagnachmittag, doch noch immer drängelten sich Menschenmassen über die Straßen und durch die Einkaufshallen. Es dauerte nicht lang und sie fanden ein kleines Café. “So, bestellt ihr doch schon einmal, ich hol mir eben noch etwas Kleingeld, will euch ja einen ausgeben.”, verkündete Heiji zwinkernd seinen Freunden und machte sich auf den Weg. Die Bank lag glücklicherweise gleich gegenüber des Cafés.

“Gibt es eigentlich einen Grund, wieso er heute so spendabel ist?” Shinichi war leicht verwundert, denn gewöhnlich war sein Freund nicht der, der jemandem grundlos etwas bezahlte, “Ich schätze er hat heute bei dem Turnier nicht allzu schlecht abgeschnitten. Außerdem hat er gestern seine praktische Prüfung bestanden.” “PKW?” Kazuha nickte Ran erfreut entgegen. “Dann hätten wir doch mit dem Auto fahren können, wie es aussieht, zieht es sich nämlich langsam aber sicher zu.” Zweifelnd schaute Shinichi zum Himmel hoch, den man durch die hohen Häuser kaum noch wahrnahm. “Nein, das geht nicht so einfach. Hattoris besitzen zwei Autos. Das eine ist der Dienstwagen seines Vaters und mit dem anderen ist Shizuka heute unterwegs.” “Heiji hat eine Schwester?” “Das glaube ich nicht, Ran. Du meinst wahrscheinlich seine Mutter, Kazuha?” “Ja, tut mir…” Sie brachte den Satz nicht zu Ende, denn in diesem Augenblick hielt ein schäbig aussehendes Auto mit quietschenden Reifen. Die Beifahrertür sprang auf und jemand stürmte in die Bank – sie sahen die Person nicht, sondern orientierten sich lediglich an der Bewegung der Türen. Verwirrt schauten sich die drei an, doch schon fuhr der selbe PKW mit Vollgas davon. “Da stimmt doch was nicht. Ihr wartet hier!” Die Mädchen hatten keine Chance etwas zu entgegnen, denn schon schlug die Tür des Cafés wieder zu und Shinichi war auf der Straße. Durch den starken Verkehr konnte er allerdings nicht gleich die Straße überqueren. Als der Verkehr wegen einer Ampel an der Kreuzung zum stehen kam, schlängelte sich Shinichi an den wartenden PKWs vorbei. Noch bevor er die andere Straßenseite erreicht hatte, öffnete sich mit einem Ruck die Tür der Bank auf und eine maskierte Gestalt stürmte hinaus. Sie hielt inne und schien irritiert, doch angesichts der vielen Blicke, die sich auf die Person gerichtet hatten, lief er los. Der Statur nach zu urteilen handelte es sich um einen Mann mittleren Alters. Er lief die Straße entlang. Erstarrt blickte Shinichi hinterher. “Kudo! Ruf die Polizei! Der Kerl hat keine Knarre, nur ein Schwert!” “Was?” Heiji wartete nicht ab, um seinem Freund auf die Sprünge zu helfen, sondern rannte dem Räuber hinterher. Als hätte der Blitz eingeschlagen, wurde Shinichi plötzlich bewusst, was Heiji eigentlich meinte. Während er die beiden verfolgte, angelte er sein Handy aus der Jackentasche und alarmierte die Polizei. Heiji und der Räuber hatten jedoch schon einen viel zu großen Vorsprung, er konnte sie nicht mehr einholen, es sei denn, sie würden eine Pause einlegen, was Shinichi stark bezweifelte.

Heijis Beine trugen ihn so schnell sie konnten. Er war dem Dieb dicht auf den Fersen, doch er wusste nicht, was er tun sollte, wenn er ihn eingeholt hatte. So wie dieser Mann das Schwert hielt, wusste er sehr genau, wie es zu handhaben war. Sollte er ein erfahrener Kämpfer sein, würde Heiji schnell das Nachsehen haben und müsste unter Umständen um sein Leben bangen. War dieser Dieb ebenso ein Mörder? In der Bank hatte er niemanden umgebracht und lediglich mit der Schwert gedroht, doch wie weit würde seine Ruhe reichen, wenn er merkte, dass er drohte aufzufliegen. Ein Grollen zog durch die Luft und mit dem Donner begann es zu regnen. Schnell bildeten sich auf den Straßen Pfützen und Heijis Kleider waren nach kurzer Zeit durchnässt. Der Dieb hielt indes auf die große Parkanlage zu. Der Weg war sandig und durch engstehende Bäume begrenzt. Trotz allem weichte der Boden durch den Regenguss mehr und mehr auf. Mit jedem Schritt spritzte Schlamm zu den Seiten und Heiji wurde das Gefühl nicht los, auf Eiern zu laufen. Sie passierten einige Fußgänger, die sich unter bunten Regenschirmen versteckten und in die Hektik der Stadt eilten. Trotz der Wettereinflüsse hielt der Mann sein Tempo und sie kamen dem Herzen des Parks immer näher. Es handelte sich hierbei um einen Platz. In der Mitte stand ein großer alter Baum, um den ein Kreis gezogen war. In seinem Schatten picknickten gewöhnlich junge Pärchen und Familien, doch bei diesem Wetter war alles verlassen. Von dieser kreisförmigen Wiese gingen Wege in die vier Himmelsrichtungen ab. Sie näherten sich ihm von Osten. Als sie aus dem Dunkel der umstehenden Bäume herauskamen strauchelte der Mann und fiel in den Matsch.

“Keine Bewegung.” Heiji hatte aufgeholt und der Mann drehte sich auf den Rücken und drohte mit seinem Schwert. “Ich warne dich, komm mir zu nah und ich werde nicht zögern, dieses Schwert auch als solches zu nutzen.” Doch Heiji ließ sich nicht beeindrucken, er wusste, was man mit einem Schwert anrichten konnte, doch mindestens genauso gut, wusste er, wie man einem solchen ausweichen konnte. Doch würde all die Theorie auch in der Praxis helfen? Er konnte sich diese Frage nicht beantworten und blieb stehen. “Wenn du mich ziehen lässt, wird dir nichts geschehen, mein Junge…” “Niemals! Ich verfolge dich doch nicht bis hierher, um dich dann gehen zu lassen, du Hund!” “Sei nicht so vorlaut. Du bist noch jung und solltest dein Leben nicht so leichtfertig aufs Spiel setzen… Oder denkst du vielleicht, dass ich nur scherze?” “Was ich tue und lasse ist wohl meine Entscheidung.” Vorsichtig wagte er sich ein Stück näher an den am Boden liegenden Mann. “Bleib!” “Was denn, was denn? Ganz geheuer ist dir diese Situation nicht, was?” Der Mann antwortete nicht, er blickte durch seine Maske hindurch auf Heiji. “Ich kenne dich!” “Achja? Und wenn schon.” “Du bist Heizos Sohn, nicht wahr?” “Woher kennen Sie meinen Vater!” “Das wüsstest du wohl gern.” Sein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. Verwirrt blickte Heiji zu ihm herab. “Das ist für dich!” Der Mann schwang das Schwert nach Heiji, dieser stolperte zurück, um nicht getroffen zu werden. Diesen Augenblick nutzte der Dieb, um wieder auf die Beine zu kommen. Er wusste, dass er nicht fliehen konnte, solang ihm Heiji auf den Fersen war…

“Ja, ein Banküberfall. Mein Freund und ich versuchen dem Dieb nicht zu verlieren, also beeilen sie sich!”, genervt schob Shinichi sein Handy in die Jackentasche. Wieso durfte ein Mensch, der so schwer verstand, überhaupt in der Annahme sitzen? Als er mit seinem Blick die Umgebung absuchte, erblickte er gerade noch Heiji, 200 Meter weiter um eine Ecke bog. Bei diesem Regen würde er sie nie einholen, doch er gab nicht auf. An der Häuserecke angekommen erblickte er am Ende der Straße schließlich einen Park. ,Das gibt’s doch nicht, die werden bei dem Wetter doch wohl nicht durch einen modrigen Park rennen wollen?’

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