Die Stute von Majdanek

Text: Stefanie Hacker, Christina Krieglstein

braunsteinerHerkunft, Ausbildung, Beruf

:: Hermine Braunsteiner wurde am 16. Juli 1919 in Wien in einem streng katholischen Umfeld geboren. Zudem lebte ihre Familie in sehr ärmlichen Verhältnissen, somit war sie schon früh gezwungen, ebenfalls für den Unterhalt der Familie zu sorgen.
:: Ursprünglich wollte sie Krankenschwester werden, konnte aber keine Lehrstelle finden. Nachdem sich schließlich Österreich dem deutschen Reich angeschlossen hatte, meldete sich Hermine beim Wiener Arbeitsamt, das sie an eine Munitionsfabrik bei Berlin vermittelte.
:: 1939 gab sie die Arbeit dort aufgrund der schweren körperlichen Belastung auf. Mit 19 Jahren bewarb sie sich, auf Anraten ihres Vermieters, als Aufsehrein im Konzentrationslager Ravensbrück

Karriere in Aufseherinnen-Hierarchie
:: Bereits mit 19 Jahren begann Hermine Braunsteiner ihre Ausbildung im KZ Ravensbrück, allerdings vertrat sie die Ansicht, dass man in diesem Lager Inhaftierte (u.a. Juden) im Sinne des Nationalsozialismus umerziehen wolle.
:: Beim Blick auf „ihre Verbrechen“ erkennt man jedoch schnell, worin die eigentliche Funktion des Lagers bestand. Als ihre Probezeit dann vorüber war, übernahm sie 1941 die Leitung der Kleiderkammer in Ravensbrück und begann somit ihre Karriere als Aufseherin.
:: Am 16. Oktober 1942 wurde Braunsteiner nach Majdanek versetzt, wo sie bald im Frauenfeld tätig war. Schon früh war sie dank der Oberaufseherin Erich (mit welcher sie befreundet war) bei Vergasungsaktionen anwesend.
:: Mitte Mai 1945 beförderte man sie schließlich zur stellvertretenden Oberaufsehrin. Nun durfte sie Appelle abnehmen, Arbeitskommandos geben, die Häftlingsunterkünfte kontrollieren und Transporte zusammenstellen.
:: 1944 wurde der „Stute von Majdanek“ das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse verliehen – für besondere Verdienste und ihren Pflichteifer. Allerdings wurde sie bereits im Mai 1945, aufgrund längerfristiger Arbeitsunfähigkeit durch Krankheitsfälle, nach Ravensbrück zurückversetzt.
:: Trotz ihrer Ausfälle war sie die berühmteste Aufseherin von Majdanek. Dieses „Ansehen“ war lediglich auf ihre Graumsamkeit zurückzuführen.
:: Zurück in Ravensbrück war sie Oberaufsehrin über 14 SS-Frauen und über das Nebenlager Genthin. Als sich jedoch die russischen Truppen näherten und die Lager aufgelöst wurden, ergriff sie die Flucht.
:: So endete im Jahre 1945 ihre Karriere als „Stute von Majdanek“.

Ihre Verbrechen
:: Hermine Braunsteiner war allgemein dafür bekannt, mit Eisen beschlagenen Stiefeln nach den Hältlingen zu treten und sie mit einer Peitsche zu schlagen, weshalb sie von den Häftlingen den Spitznamen „Stute“ bekam.
:: Sie schlug Kinder, die sich auf einen Essenskübel stürzten, mit der Suppenkelle blutig und peitschte Mädchen, die ihre Häftlingsnummer nicht korrekt angenäht, Strümpfe getragen, Kissen unter die dünne Kleidung gebunden oder über Hunger geklgt hatten.
:: Im Oktober 1943, als braunsteiner 24 Jahre alt war, gab es einen Vater, der versuchte seinen Sohn in seinem Rucksack in das konzentrationslager zu schmuggeln. Doch Braunsteiner sah, dass sich etwas in dem Rucksack bewegte. Mit einer Petsche schlug sie dann so lange auf den Rucksack ein, bis nur noch ein Wimmern zu hören war. Dann zog sie den blutigen Jungen an den Haaren heraus und warf ihn wie Vieh auf einen offenen Lastwagen zu anderen Kindern. Alle Kinder wurden später in der Gaskammer ermordet.
:: Des weiteren hat Braunsteiner bei Selektionen geholfen und trägt somit die Mitschuld am Tod tausender Menschen.

Alltag nach dem Krieg
:: Nachdem ihre Karriere als KZ-Aufseherin beendet war, arbeitete Braunsteiner als Haushalsgehilfin in Wien und nahm mehrere kleinere Jobs an.
:: Am 6. Mai 1946 wurde sie erstmals wegen ihrer KZ-Tätigkeit verhaftet. Bis 1947 verbrachte sie ihre Zeit in verschiedenen Internierungs- und Kriegsgefangenenlagern. Zu einer Verurteilung kam es nicht. Am 7. April 1948 wurde sie dann aufgrund ihrer Aufseherin-Tätigkeit ein zweites Mal verhaftet und wurde vom „Landesgericht für Strafsachen in Wien als Volksgericht“ zu drei Jahren Haft und schwerem Kerker verurteilt. 1950 war Braunsteiner das erste Mal für ihre taten in Majdanek angeklagt. Aufgrund mangelnder Beweislage wurde sie jedoch freigesprochen.
:: Mitte der 50er Jahre lernte sie den amerikanischen Russel Ryan kennen, welchem sie später in Kanada das Ja-Wort gab. Kurz darauf wanderte das kinderlose Ehepaar in die USA aus, wo sie 1963 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt.

Die gerechte Strafe ?
:: 1964 wurde sie durch einen Jounalisten in New York entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie noch als eine nette Hausfrau von nebenan von ihren Nachbarn betrachtet. 1971 wurde ihr dann die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt.
:: Es kommt immer wieder zu Verzögerungen, durch Unterschriftenaktionen des Gatten und Bemühungen des Anwalts. Als Hermine Ryan-Braunsteiner jedoch schließlich erfährt, dass auch Polen Interesse an ihr zeigt, bittet sie, diese Unternehmungen einzustellen, auf Grund der Tatsache, dass in Polen zu dieser Zeit noch die Todesstrafe existiert.
:: So wird sie am 6. August 1973 schließlich nach Deutschland ausgeflogen und kommt in Untersuchungshaft. 1975 steht Hermina Braunsteiner als eine von 15 ehemaligen Aufseherinnen aus Majdanek vor Gericht. So begann einer der längsten Prozesse unserer Zeit. Hermine Ryan-Braunsteiner war mit ihren 56 Jahren die Schweigsamste und machte nur die nötigsten Angaben…
:: Am 30. Juni 1981 wurde dann schließlich die Frau, die einst mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, zu 15 Jahren Haft verurteilt. 1996 wurde sie schließlich mit 77 Jahren entlassen. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwer gicht- und zuckerkrank. 1999 starb sie dann in Bochum.

Quellen:
– “Die Stute von Majdanek” von Thorsten Schmitz; erschienen im Süddeutsche Zeitung Magazin
– “Lebenslauf einer SS-Aufseherin” von Elissa Mailänder Koslov; erschienen in “Tatort KZ.”, Ulm 2003
– Foto: Aufseherinnenausstellung Ravensbrück 2005

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Siegessäule in Berlin

siegessaeuleJeder in Deutschland kennt sie und jeder Tourist in Berlin besucht sie wahrscheinlich auch: Die Siegessäule. Neben dem Brandenburger Tor eines der Wahrzeichen Berlins. Wer sie kennt, kann sich bestimmt vorstellen, das man von oben einen guten Blick auf Berlin haben kann, doch wie viele kennen die Geschichte, die hinter dieser Säule steht?

Die Siegessäule wurde ursprünglich im 19. Jahrhundert (zwischen 1864 und 1873) auf Grund der drei Einigungskriege gebaut. Zu diesem Zeitpunkt stand sie neben dem Reichstag und hatte lediglich 3 Trommeln (die Mittelstücke). Jede stand für einen der Siege, die unter Bismarck errungen wurden und zu Deutschlands Einigung führten: Der Krieg gegen Dänemark 1864, der Krieg gegen Österreich 1866 und der Krieg gegen Frankreich 1870-71.

1939 wechselte die Siegessäule dann ihren Standort. Hitler ließ sie vom Reichstag abbauen, um sie als einen Teil seiner Ost-West-Achse wieder aufzubauen. Er fügte im gleichen Atemzug eine 4. Trummel hinzu; für einen Sieg über Polen, den er zum damaligen zeitpunkt noch nicht erreicht hatte. (Angriff auf Polen am 01. September 1939)

Die Siegessäule überstand den 2. Weltkrieg und die Alliierten ließen sie auch im Nachhinein nicht zerstören. So konnte sie zu dem werden, was sie heute ist: Eine der Touristenattraktionen Berlins.

Die Siegessäule ist übrigens ca. 67,5 Meter hoch. Einen Fahrstuhl gibt es nicht. Wer also auf die Aussichtsplattform will, muss wohl oder übel ca. 285 Stufen in Kauf nehmen.

Quelle:
Historische Stadtführung durch Berlin.

Das Holocaust Mahnmal in Berlin

holocaust_mahnmalDas Holocaust Mahnmal besteht aus zwei Teilen: Dem Stählenfeld und einer Ausstellung über den Holocaust mit allgemeinen Informationen sowie Informationen über einzelne Familienschicksale und Konzentrationslager.

Unsere Seminargruppe hat eine kleine “Führung” bekommen, die uns Informationen über den Intergrund und die Entstehung des Mahnmals gegeben hat.

Eintritt zahlt man übrigens weder für die Betretung des Mahnmals noch für die Ausstellung. Nur Führung und Audioguides sind kostenpflichtig.

Hintergrund und Entstehung

Erste Gedanken zu einem Denkmal gab es 1988 bei einer Bürgerinitiative. 2 Historicker (u.a. Eberhart Jeck) hatten sich nach dem Krieg Konzentrationslager in Polen angeschaut. Sie kamen zu dem Schluss, dass Deutschland eine andere Art von Denkmal nötig hätte.

Die durch den Holocaust ermordeten Juden stammten zu 60-70% aus Polen, während nur 2-3% der Juden aus Deutschland kamen. Die ehemaligen Konzentrationslager wurden schon durch die Tatsache, dass man sie nicht abriss, zu Denkmälern und gleichzeitig historischen Orten. Da der Holocaust hauptsächlich außerhalb der deutschen Grenzen stattfand, gab es bisher kein Denkmal zum Holocaust in Deutschland.

1988 erhielt die Bürgerinitiative dann Unterstützung durch Prominente wie Willy Brandt und Günther Grass. Man stellte sich die Frage, wie man die Idee eines Denkmals umsetzen könnte, ohne das man eine Gedenkstätte in Form eines historischen Ortes hatte. Das Denkmal musste als zwangsläufig künstlich sein.

Man plante schließlich ein eher abstraktes Denkmal, das keine Innschriften oder Bilder haben sollte, jedoch auf seine Weise den Holocaust darstellen konnte. 10 Jahre lang wurde diskuttiert, wer ein solches Denkmal bauen sollte. Man wandte sich an den Bundestag, da es schließlich ein Denkmal der deutschen Bevölkerung werden würde. Man entschied sich schließlich, dem abstrakten Denkmal eine Ausstellung hinzuzufügen. Es sollte ein sinnvolles Zusammenspiel von Inhalt und Abstraktion werden.

Als nächstes stellte sich die unvermeidliche Frage nach dem Ort. Der Platz, an dem das Denkmal heute steht, war 1988 noch nicht verfügbar, da es zum Todesstreifen der Berliner Mauer gehörte. Dieser Ort stand also nicht zu Debatte. Zur Diskussion stand als nächstes der Ort, wo man heute die “Topographie des Terrors” findet. Dieser Ort war schon vorher Gedenkstätte gewesen. Mit der Einigung Deutschlands konnte man die Frage schließlich schnell klären, denn ab sofort gehörte das Gebiet der Regierung.

Schließlich kam jedoch die Frage auf, ob das Denkmal den Inhalt überhaupt transportieren könnte. Aus diesem Grund findet man in der Ausstellung auch zusätzlich ein Terminel mit Informationen zu Denkmälern und Gedenkstätten weltweit.

Viele befürchteten, dass man dieses Denkmal als eine Art Endpunkt betrachten könnte, doch es war vielmehr als ein Ausgangspunkt gedacht.

historische Bedeutung des Ortes

Das Holocaust Mahnmal befindet sich im historischen Regierungsviertel von Berlin. An diesem Ort war bisher nie etwas gebaut worden, denn es waren die so genannten “Ministergärten” – die Anlage hinter Außen-. Innen-, Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium.

Das Landwirtschaftsministerium war eng mit dem Holocaust verbunden. Es kam zur Planung der Umsiedlung und Deportation von Juden. Offiziell wurde diese Planung dann als “Bevölkerungspolitik” bezeichnet. Auch in Polen kam es schließlich zur Ausgrenzung der Juden, doch mit Gewalt konnte man sie nicht so einfach zur Emigration zwingen. Aus diesem Grund begann man, die Juden in Ghettos zu sperren, wo die Menschen ohne Arbeit hungern sollten.

Das Landwirtschaftsministerium schlug vor, dass man um die Juden herum hohe Mäuern bauen solle, um sie dort verhungern zu lassen. Auf diese Weise radikalisierte sich der Holocaust Stück für Stück. Die Ministerien trugen die Ideologie tief in sich und nur aus diesem Grund konnte man überhaupt auf die Idee für solche Vorschläge kommen. Man kann also sagen, das es ein weiter Weg von der Idee zum Mord an der jüdischen Bevölkerung bis hin zu deren Umsetzung war.

Quelle:
Ausführungen unserer Führung durch das Stählenfeld.

History Input

Bevor wir uns genauer mit einzelnen Details aus der Geschichte des 2. Weltkrieges beschäftigen konnten, musste natürlich zunächst eine Basis geschafft werden. Entsprechend vermittelten uns Akim und Michael einen allgemeinen Eindruck sowie einige Vorinformtionen für bevorstehende Orte, die wir besuchen würden.

Dieser “History Input” stand bei unserer ersten Begegnung in Polen für den 2. Tag auf dem Programmplan. Die Informationen waren alle auf englisch und bei Bedarf übersetzten Akim und Michael ins Deutsche bzw. Ewa ins Polnische. Die Zettel klebten wir im Nachhinein alle aneinander und hengten sie im Seminarraum auf.

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Informationen gab es allgemein zum Nationalsozialismus, zum Angriff der der Deutschen auf Polen, über das jüdische Leben und den Massenmord, Zwangsarbeit, Umsiedlungen und Deportationen sowie zum Projekt Zamosc.

Kinderschuhe aus Lublin

Es war ein unbeschreiblich schreckliches Gefühl, das sich in mir breit machte, als ich den Gang in der nur schwach beleuchtete Baracke hinunterging. Links und rechts von mir nichts als Schuhe. Schuhe von Männern, Schuhe von Frauen, Schuhe von Kindern. Den Geruch von Desinfektionsmittel in der Nase wurde mir erst hier richtig bewusst, wie viele Menschen den Tod gefunden haben. Man kennt die Zahlen, doch sie sind zu groß, als dass man sie sich wirklich vorstellen könnte…

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Kinderschuhe aus Lublin – In einer der erhaltenen Baracken in Majdanek wurden all die Schuhe, welche den Häftlingen abgenommen wurden, hinter Gittern aufgestapelt. Es gibt keine Worte für das Gefühl, das sich in einem Ausbreitet, wenn man in dieser Baracke steht.