Hermann Nitsch

geschrieben für: Paraguas 07 – “Sünde”

Künstlervorstellung: Hermann Nitsch

– 29. August 1938 in Wien geboren
– österreicherischer Aktionskünstler
– Zitat: „In der Kunst soll alles erlaubt sein, was legal ist. Rein moralische Bedenken seien persönlicher Natur und dürfen der Freiheit der Kunst nicht im Weg stehen.“

– Offizielle Website: http://www.nitsch.org
– Hermann Nitsch Museum: http://www.hermann-nitsch-museum.at


Kurzbiografie

Hermann Nitsch ist einer der Hauptvertreter des Wiener Aktionismus, einer Bewegung der modernen Kunst, die auf äußerst provokante Weise in den 60er und 70er Jahren das Konzept amerikanischer Happening- und Fluxus-Kunst aufgriff (Formen der Aktionskunst).

Als Absolvent der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, wandte er sich der Malerei zu und 1961 schuf er seine ersten Schüttbilder, welche durch das Schütten von Farbe auf einen Bildträger entstehen. Seine Aktions- und Ausstellungstätigkeit verschaffte ihm mehrere Prozesse und drei Gefängnisstrafen. Als er 1966 aufgrund einer Aktion zu einem halben Jahr auf Bewährung verurteilt wurde, ging er schließlich nach Deutschland ins Exil.

Bereits im Alter von 19 Jahren entwickelte Hermann Nitsch seine Idee für das „Orgien Mysterien Theater“. Dabei handelt es sich um ein Festspiel, was nach Vorstellungen von Nitsch das größte und wichtigste Fest der Menschen werden soll. Es wurde ursprünglich als sechs Tage andauerndes Spiel angelegt und 1998 von ihm in seinem Schloss in Prinzendorf auch in diesem Länge umgesetzt. Bei dieser neuen Form eines Gesamtkunstwerkes werden reale Geschehnisse inszeniert und dadurch alle Sinne der Teilnehmer direkt beansprucht. Das Mysterium der Existenz soll dem Menschen ins Bewusstsein gebracht werden.

Bedenkt man, dass es bei dem „Orgien Mysterien Theater“ zu Tötungsritualen an Tieren kommt, so fragt man sich vielleicht, wie sich der Zuschauer auf diese Weise seiner Existenz stärker bewusst werden sollen. Doch Nitsch sieht in einem Tötungsakt einen Akt besonderer Intensität, wie er in den meisten Tragödien wieder zu finden ist. Jedoch benennt er ihn nicht einfach, sondern inszeniert ihn ohne zu verherrlichen. Der Zuschauer assoziiert den Tod nicht einfach durch die Darstellung, vielmehr kann er das rohe Fleisch und das Blut auch riechen. Der Mensch strebt danach, Intensität zu erfahren. Diese Erfahrung bildet die Grundlage für Tragödien – sowohl im Theater als auch im Film.

Eine Einstellung, die besonders unter Tierschützern keine Befürworter findet, denn ihnen stellt sich die Frage, ob es rechtens ist, ein Tier einzig und allein im Rahmen eines Kunstwerks zu töten. In einer Zeit wo täglich unzählige Tiere auf Autobahnen und Schnellstraßen ihr Leben lassen, muss sich diese Frage wohl jeder selbst beantworten.

Das „Orgien Mysterien Theater“ lebt von seinen von der Sprache losgelösten Inszenierungen, in denen sich auch das religiöse Symbol der Kreuzigung immer wieder findet. Eine Thematik, mit der sich Nitsch schon als junger Maler beschäftigte.

Inspiriert durch die Aktion entstand ebenfalls eine Musik für das „Orgien Mysterien Theater“, welche – so Nitsch – ihre Wurzeln im Schrei und im Lärm findet und ein Ausdruck der extremen Empfindungen ist.

2005 bot sich Hermann Nitsch das erste Mal die Möglichkeit, seine 122. Aktion in einem öffentlichen Theater durchzuführen. Bei diesem 2-tägigen Festspiel wurde jedoch darauf verzichtet, die Tötung der Tiere auf der Bühne durchzuführen, wie es noch bei dem 6-tägigen Spiel 1998 getan wurde.

Sein Lebenswerk wird nun mit der Eröffnung eines eigenen Museums in Mistelbach (Niederösterreich) geehrt. Die Ausstellung kann ab dem 23. Mai 2007 besucht werden.

Beschäftigt man sich näher mit den Werken von Hermann Nitsch, so kommt wahrscheinlich jeder an einen Punkt, an dem er sich fragen muss, ob er die Einstellung und Ansichten des Künstler’s teilt. Man sollte sich jedoch darüber bewusst sein, dass unabhängig von der Antwort die Entscheidung, ob es sich bei seinen Werken um Kunst handelt, nicht durch uns – den Betrachter – getroffen wird.

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