Auswahlseminar in Eschwege

Ich wurde von meiner Schule bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes vorgeschlagen. Daraufhin erhielt ich im August 2006 (oder war es doch September?) Bewerbungsunterlagen, die ich ausgefüllt zurücksendete. Darauf sollte dann ein Auswahlseminar folgen.
So ging es für mich schließlich an dem Wochenende vom 23. bis 25. Februar nach Eschwege. Es war neben der Strecke Wittstock-Wernigerode meine erste längere Fahrt ohne Beifahrer. Mit meiner Wegbeschreibung aus dem Internet kam ich auch ohne nennenswerte Probleme in Eschwege an, doch dort begann der frühe Freitagabend für mich mit einigen Ehrenrunden in Eschwege bevor ich die Jugendherberge erreichte. Das lag unter anderem daran, dass auf der Kopie des Kartenausschnitts, die man uns geschickt hatte, nicht erkennbar war, dass es sich bei einer vermeintlichen Straße eigentlich um einen Fußweg handelte. Die nächste Überraschung folgte am schwarzen Brett, auf dem jeder mit Name und Studiengang aufgelistet war und mein Studiengang falsch eingetragen war. Gut, dass der Unterschied zwischen Informatik und Medieninformatik nicht zu riesig ist. Nach dem Abendessen folgte dann die Begrüßung mit einigen Informationen zum Ablauf des Seminars. Anschließend erhielt jeder ein Namensschild, das man während des Seminars tragen sollte. Das heißt, fast jeder. Meins war scheinbar irgendwo untergegangen, aber ein Handgeschriebenes ist doch ohnehin viel individueller. Am Abend suchten wir zu sechst noch eine Bar in der Innenstadt von Eschwege auf.
Insgesamt waren wir ca. 40 Studenten bei dem Seminar, die durch 8 Kommissionsmitglieder beurteilt werden sollten. Am Samstagmorgen starteten zunächst alle mit der Gruppendiskussion, bei der man sich für eine Stunde lang mit einem Thema auseinandersetzte und durch 2 der Mitglieder beobachtet wurde. In meinem Fall waren wir 5 Studenten. Als Kommissionsmitglieder hatten wir eine Theologin und einen Medienwirtschaftler. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass gerade der Medienwirtschaftler hier als Beobachter war, denn das bedeutete, dass man ihm weder bei den Einzelgesprächen noch bei dem Kurzvortrag begegnen würde. Denn wie sich im Nachhinein herausstellte, soll er die Leute doch recht hart drangenommen haben… Da haben wir also eine knappe Stunde diskutiert und einem aus unserer Gruppe wurde dann die Ehre zuteil, in den verbleibenden vielleicht 7 Minuten alles zusammenfassen. Wobei man sich natürlich schon komisch vorkommt, denn man weiß schließlich, dass diese beiden eigentlich schon alles gehört hatten.
Noch vor dem Mittagessen folgte schließlich mein erstes Einzelgespräch. Diesmal ein BWLer, der sich im Endeffekt als doch recht freundlich erwies. Im Verlauf des Gesprächs eröffnete er mir schließlich, dass ich doch die jüngste Abiturientin sein müsste. Als ich verwirrt nach dem Grund fragte, zeigte er mir den Bewerbungsbogen, wo ich peinlicherweise statt meines Geburtsjahres „2006“ hingeschrieben hatte. Aber er meinte, das sei ja nicht weiter schlimm, gab mir einen Stift und ich durfte korrigieren. Im Endeffekt haben wir dann zunächst über meine Studienwahl gesprochen. Warum Medieninformatik? Warum eine Fachhochschule und keine Universität? Etwas irritierend war dann die Frage, ab welcher Einkommenshöhe nach Abschluss des Bachelors ich mich für einen Job oder das Weiterführen des Studiums (Master) entscheiden würde. Ob ich mir vorstellen könnte, zu promovieren etc. Fragen, mit denen ich mich eigentlich noch gar nicht so genau befasst hatte. Wie antwortet man also? Ganz ehrlich. In meinem Fall: Ich könne es noch nicht abschätzen und es würde ganz davon abhängen, ob ich nach dem Bachelor das Gefühl hätte, an einem Punkt angekommen zu sein, an dem ich noch nicht stehen bleiben wollen würde. Und nicht zuletzt die Frage, wie lange ich noch von meinen Eltern finanziell abhängig sein möchte. Da er nicht weiter nachgehakte, war er mit der Antwort wohl zufrieden. Schwerer war es schließlich, festzulegen, wo meine Stärken und Schwächen liegen würden. Die Frage hatte mir schon am Abend zuvor den Schlaf geraubt, denn eine ältere Studentin, die mit 3 anderen Mädchen und mir im gleichen Zimmer schlief, hatte uns davor gewarnt, dass bei Auswahlverfahren, solche Fragen immer kommen würden. Nun, der Rest des Gespräches drehte sich im Endeffekt um das, was ich im Lebenslauf geschrieben hatte. Warum ich an manchen Projekten teilgenommen hatte, und wie sie mich manche Ereignisse weitergebracht hätten etc. Alles in allem ein doch ganz gutes Gespräch.
Am Nachmittag, direkt nach dem Kaffeetrinken – ich frage mich, warum der Tee immer so heiß sein muss – folgte für mich auch gleich der 10minütige Vortrag, den jeder vorbereiten sollte. Hilfsmittel gab es vor Ort keine, und da ich auch keinen Laptop oder dergleichen besitze, wurde es ein einfacher frontaler Vortrag zum Thema „Usability – die Benutzbarkeit einer Anwendung“, wobei ich mich immer wieder auf das Internet bezog, in der Hoffnung, es so leichter greifbar zu machen. Nach den 10 Minuten folgten dann für weitere 20 bis 30 Minuten fragen. Nach kürzester Zeit ärgerte ich mich schon, neben einer BWLerin auch einen Juristen vor der Nase zu haben. Als erstes folgte eine Belehrung in Richtung Online Shops, die ich als Beispiele immer wieder erwähnt hatte, bei denen nach deutschem Recht der Kunde immer über sein 14tägiges Rückgaberecht informiert werden müsse. Die Tatsache, dass ich das nicht wusste, hat der gute Herr schließlich darauf zurückgeführt, dass ich ja noch im 1. Semester bin.
Eine andere Frage, die nicht mehr allzu viel mit meinem Thema zu tun hatte, bezog sich auf die Gefahren, die bestehen könnten, falls ein Online Shop zu viele Informationen zu einem Produkt frei verfügbar macht. Mit der Antwort, ein Kunde könnte sich dort informieren und im Nachhinein bei einem billigeren Anbieter bestellen, gab er sich natürlich nicht zufrieden und versuchte mich mit einer anderen Frage in seine Richtung zu ziehen. „Wie viele Transrapid hat man denn nach China verkauft, und wie viele fahren dort heute?“ An dieser Stelle hab ich mich ernsthaft gefragt, was das noch mit Benutzerfreundlichkeit zu tun hatte, und war im Endeffekt – als ich begriff, worauf er hinauswollte – doch sehr froh, 3 Jahre lang Wirtschaftswissenschaften belegt zu haben. Es ging ihm im Endeffekt nur darum, dass die Gefahr bestünde, jemand anders würde die Produkte kopieren. Eine Frage auf die ich mich schon innerlich vorbereitet hatte, nämlich warum ich mir nun dieses Thema ausgesucht hätte, stellte man mir nicht. Anderen wiederum hat man sie gestellt…
Am Sonntagmorgen folgte schließlich die letzte Hürde. Ein zweites Einzelgespräch. Dieses Mal bei einer Physikerin. Dieses Gespräch war allerdings eher langweilig. Sie fragte mich ebenfalls, warum Medieninformatik und ging dann auf Teile von Projekten ein, die in irgendeiner Weise etwas mit meiner Studienwahl zu tun hatten. Ließ es sich allerdings auch nicht nehmen, immer wieder etwas von sich und ihrem Sohn zu erzählen, der, wie sie stolz bemerkte, bei der Schülerzeitung arbeitet und dort das gleiche Programm benutzt, wie wir für das Layout der Campuszeitung. Nun, so kann die Zeit auch vergehen. Am Ende hatte ich das Gefühl, die Frau wusste genauso viel wie vor dem Gespräch.
Da ich kein Interesse hatte, nun aufzubrechen, vertrieb ich mir die Zeit mit einem anderen Bewerber beim Tischtennisspielen. Erst nach dem Mittagessen machte ich mich auf den Weg in Richtung Wernigerode. Ich hatte mir nicht explizit noch die Rückfahrt ausgedruckt und die Autobahnen sind in Eschwege noch nicht ausgeschildert. Das Chaos war also vorprogrammiert. Irgendwie hab ich es schließlich geschafft, auf einer falschen Landstraße zu landen und eh ich das mitbekommen hatte (man merkt ja doch irgendwie, wenn einem nichts bekannt vorkommt) war ich so ca. 20 km in die falsche Richtung gefahren… Ich suchte mir also eine Möglichkeit, wo ich mit dem Auto halten konnte, um mir auf der Karte anzuschauen, wo ich überhaupt war und wo ich hinwollte. Ich gebe zu, dass hätte man schon vorher tun können, aber nagut. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Im Endeffekt hab ich ja auch den Weg gefunden und bin wieder gut in Wernigerode angekommen. ;)

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