[german]Todesmarsch der Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen
Sehr geehrte Anwesende, Sie fragen sich jetzt vielleicht, was ein junger Mensch über ein Ereignis zu sagen haben könnte, dass bereits so lange zurück liegt und trotzdem noch heute so aktuell ist? Mein Name ist Christina Krieglstein und ich besuche die 12. Klasse des Gymnasiums in Wittstock.
Als Schüler wird man über die Schule mit der Thematik des Nationalsozialismus und dem 2. Weltkrieg konfrontiert. Doch in welcher Form? Man liest verschiedene Texte in den Geschichtsbüchern, lernt Jahreszahlen, bekommt erklärt, worum es beim “Holocaust” ging und was man sich unter einem Konzentrationslager vorstellen soll. Doch reicht das?
Meiner Meinung nach ist die Verarbeitung der Vergangenheit wichtig. Die Besprechung der Thematik in der Schule sorgt eher für die Grundlagen, da die Fakten aus den Lehrbüchern nur begrenzt helfen, die Thematik zu verstehen.
Persönlicher und individueller kann diese Aufarbeitung durch Besuche in den Gedenkstätten und Gespräche mit Zeitzeugen werden. Erst vor genau 14 Tagen besuchte unsere gesamte Jahrgangsstufe 12 sowie zwei der 10. Klassen die Gedenkstätte Ravensbrück. Für einige von uns war es der zweite Besuch dort und doch war es wieder nur schwer fassbar, welche Zustände dort geherrscht haben mussten. Zeit für individuelle Fragen, die sich uns während der Besichtigung der Gedenkstätte stellten, gab es im darauffolgenden Gespräch mit zwei äußerst engagierten älteren Damen, die sich spontan bereit erklärten, im Herbst wieder mit Wittstocker Schülern die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück zu besuchen.
In meinen Augen sind solche Gespräche mit Zeitzeugen wichtig, denn auf diese Weise erhalten wir eine Chance, uns das Ausmaß des Elends und der Zerstörung durch die Konzentrationslager besser begreiflich zu machen. Als Schüler würde ich mir wünschen, dass solche Projekttage und ähnliche Zusammentreffen zwischen Jugendlichen und Zeitzeugen durch den Staat unterstützt würden.
Warum sollen Zeitzeugengespräche nicht auch in den Schulen möglich sein? Dafür müssten die Zeitzeugen eingeladen und die Finanzierung der Anreise und anderer Kosten abgesichert werden.
Wieso ist diese Aufarbeitung eigentlich so wichtig? Spätestens nach unserem Besuch in der Gedenkstätte sind wir uns sicher, dass so etwas wie der “Holocaust” nie wieder passieren darf. Doch wir können nicht einfach warten und darauf hoffen, dass alles gut geht. 60 Jahre sind seit der Befreiung vergangen und trotzdem beginnt die Feindlichkeit gegenüber Ausländern, Menschen anderer Religionen, Andersdenkenden, Behinderten, Obdachlosen, Homosexuellen und anderen Minderheiten erneut zu wachsen. In der Jugendarbeit in Wittstock gibt es viele Aktivitäten, um Jugendliche vor dem Abrutschen in die rechtsextreme Szene zu bewahren. Es gibt ein Aktionsbündnis, dass mit Demonstrationen, “Rock gegen rechts”- Konzerten, Jugendzukunftswerkstätten und Mahngottesdiensten gegen rechtsextreme Einflüsse wirken möchte.
Außerdem hat es sich das gemeinwesenorientierte Projekt “Fairplay in Wittstock” zur Aufgabe gemacht, seinen Beitrag zur Stärkung einer demokratischen Kommunikations- und Beteiligungsstruktur im Bereich Wittstock zu leisten, um etwas gegen Fremdenfeindlichkeit zu tun. In diesem Rahmen gab es Seminare und Projektwochen in Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendclubs und anderen Trägern zu Themen wie Gewaltprävention, Konfliktlösung und Streitschlichtung.
Außerdem wurden Projekte, die sich mit der Situation unserer Stadt beschäftigten, initiieret, an denen sich Schüler verschiedener Herkunft sowie auch Politiker verschiedener Parteien beteiligten.
Auch ich habe an einem dieser Projekte mitgewirkt und hoffe, dass weitere folgen werden, denn sie ermöglichen nicht nur die Kommunikation zwischen den Generationen. Es ist ein Weg, Probleme ans Tageslicht zu bringen und zu beheben.
Es ist wichtig, sich mit den Problemen der Gegenwart zu befassen, um in der Zukunft weiter zu kommen, doch noch wichtiger ist es, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, um sie nicht zu wiederholen.
Der spanisch-amerikanische Denker George Santayana schrieb einmal “Those who forget the past are condemned to relive it.” – Frei übersetzt bedeutet das wie “Jene, die ihre Vergangenheit vergessen sind verdammt, sie noch einmal zu leben.” Ich hoffe, dass uns das erspart bleibt.
Möge dieser Tag dazu beitragen.
Christina Krieglstein – Schülerin des Jahrgangs 12 des Gymnasiums Wittstock
[/german][english]of the death walk of the imprisoned of the Sachsenhausen concentration camp
Dear ladies and gentlemen, you may ask what a young girl like me can say about events that took place so long ago, but are still up to date. My name is Christina Krieglstein and I’m a student of the 12th grade of the grammar school in Wittstock.
In school we are confronted with the topic of World War II and the time of national socialism. But in what way? You read several texts in history books, learn dates, get explained what the Holocaust was and how to imagine a concentration camp. But is this enough?
In my opinion handling the past is important. The explanation of the topic at school creates only the base, because facts from text books can only be a limited help to understand the subject.
The preparation of this theme can be more personal and individual by experiencing memorial places and conversations with witnesses of time. Just 14 days ago the whole 12th grade and two 10th classes had a field trip to the memorial place in Ravensbrück. For some of us it was the second time we’ve been there, but still it was hard to understand under which conditions the people had to live there. In the afternoon there was also time for individual questions during a conversation with two extremely dedicated elderly ladies, who spontaneously agreed to visit Ravensbrück again together with other students of our school , this fall.
In my view such conversations with witnesses of time are very important, because this way we get a chance to understand the misery and destruction, caused by the concentration camps, in a better way. As a student I would wish that such field trips and similar meetings between young people and time witnesses would be supported by the state.
Why shouldn’t such talks be possible in schools? To make this possible time witnesses would have to be invited and their arrivals and other costs would have to be financed.
Why is the preparation of this subject so important at all? At least after our experience at the memorial place in Ravensbrück we are sure that something like the Holocaust is not allowed to happen ever again. But we cannot sit around and hope, that all ends up well. Sixty years have passed since the liberation of the imprisoned, nevertheless xenophobia begins to grow towards immigrants, people of other religions, dissenters, disabled persons, homeless, homosexuals and other minorities.
There are many activities for the youth in Wittstock to prevent them from slipping into right-wing extremism. There is an alliance that wants to encounter right influences with demonstrations, concerts against extremism, youth workshops and church service.
There is also a project called “Fairplay in Wittstock” which wants to strengthen the structure of communication and participation in the area of Wittstock, to do something against xenophobia. There have been seminars and project weeks in corporation with schools, youth clubs and other institutions about topics like preventing violence and resolving conflicts. Also projects, in which students of different origin and politicians of different parties participated, were initiated, that discussed the situation in our town.
I also participated in one of those projects and hope that similar ones will follow, because they do not only enable communication between the generations. It’s a way to show problems, and to solve them.
It’s important to handle present problems to get on in the future, but it’s even more important to learn from past faults, so we don’t repeat them.
The Spanish-American philosopher George Santayana once wrote “Those who forget the past are condemned to relive it.” I hope this will not happen to us.
May this day contribute to this hope.
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