Ein nervenbelastender Arbeitstag geht zu Ende. So ein zweistündiges Kundengespräch ist schon eine Sache für sich. Da ich bisher höchstens in Begleitung meines Chefs solche Gespräche geführt habe, war ich heute entsprechend nervös und es gab nur einen Salat zum Mittag.
Als sich der Tag nun endlich dem Ende neigte, hastete ich vom Büro zum Bahnhof – wenn dann die Bahn vor mir abfahren würde, hätte ich es wenigstens versucht. Doch Glück gehabt, 4 Minuten bis zur nächsten Bahn. Die reichten auch noch für einen kurzen Stopp bei der Back Factory. Doch was nehmen? Mein Abendbrot sollte es werden und ich entschloss mich für ein Mettbrötchen. 99 Cent find ich dafür immer sehr in Ordnung.
Auf die Bahn muss ich nicht lange warten und steige in den ersten Wagen ein. Leider scheinen alle Sitze, bei denen man vorwärts fährt, besetzt zu sein. Also setze ich mich den anderen Fahrgästen gegenüber. Ich fahre ja fast bis zur Endstation, da kann ich nach der Hälfte der Fahrt einfach wechseln. Doch noch bevor die Bahn abfährt, steht schräg hinter mir jemand auf und der Platz wird frei. “Glück gehabt!”, freue ich mich und wechsel den Platz.
Doch kaum sitze ich, schaut mich die Frau neben mir völlig entgeistert an. “Oh, war hier besetzt?”, frage ich irritiert. “Nein”, lautet die Antwort. “Aber dieser Zwiebelgeruch. Vorhin von dort hinten und jetzt sind Sie hier.” “Oh, das tut mir leid, ich beeile mich.”, antworte ich noch mehr verwirrt und rücke auf die äußere Kante der Sitzfläche. Verärgert, dass ich mein Mettbrötchen nun wohl doch schneller essen würde.
Schon nach der ersten Station ändert sich die Situation und die Frau steht auf. Warum so ein Aufstand, dachte ich, wenn man nur eine Station fährt? Doch sie stieg nicht aus und setzte sich in den anderen Abschnitt der Bahn. Nun völlig verdutzt schaue ich die Frau mir gegenüber an, die mindestens genauso verwirrt ist. “Dann kann sie ja auch nicht in ein Restaurant, da riecht es doch auch.”, meint sie zu mir. “Mh”, mache ich. “Das war keine Absicht.” “Machen Sie sich keine Sorgen, da können Sie doch nichts für.”, beruhigt sie mich.
Und mit leisen Schuldgefühlen beende ich mein Abendbrot in der Straßenbahn.