Erschreckende Zahlen und Fakten

Majdanek

Baracken in Majdanek

– 250 000 Menschen vergast, erschossen, verbrannt, ertränkt, totgeschlagen und totgetreten
– neueste Schätzung: 1,5 Millionen Tote
– 18 000 Menschen beim „Erntefest“ umgebracht
– 7711 kg Zyklon B versandt
– Zyklon B: Tod nach ca. 10 min
– Kohlenmonoxid: Tod nach ca. 40 min
– 730 kg Menschenhaar versandt

Ravensbrück

Gedenkstätte Ravensbrück

– ca. 3000-5000 Häftlinge kamen im „Sterbezelt“ um
– ca. 90000 Menschen verhungert, vergast, totgespritzt
– Todestransporte nach Treblinka oder Ausschwitz
– 3500 kranke Menschen bei Befreiung aufgefunden

Die Stute von Majdanek

Text: Stefanie Hacker, Christina Krieglstein

braunsteinerHerkunft, Ausbildung, Beruf

:: Hermine Braunsteiner wurde am 16. Juli 1919 in Wien in einem streng katholischen Umfeld geboren. Zudem lebte ihre Familie in sehr ärmlichen Verhältnissen, somit war sie schon früh gezwungen, ebenfalls für den Unterhalt der Familie zu sorgen.
:: Ursprünglich wollte sie Krankenschwester werden, konnte aber keine Lehrstelle finden. Nachdem sich schließlich Österreich dem deutschen Reich angeschlossen hatte, meldete sich Hermine beim Wiener Arbeitsamt, das sie an eine Munitionsfabrik bei Berlin vermittelte.
:: 1939 gab sie die Arbeit dort aufgrund der schweren körperlichen Belastung auf. Mit 19 Jahren bewarb sie sich, auf Anraten ihres Vermieters, als Aufsehrein im Konzentrationslager Ravensbrück

Karriere in Aufseherinnen-Hierarchie
:: Bereits mit 19 Jahren begann Hermine Braunsteiner ihre Ausbildung im KZ Ravensbrück, allerdings vertrat sie die Ansicht, dass man in diesem Lager Inhaftierte (u.a. Juden) im Sinne des Nationalsozialismus umerziehen wolle.
:: Beim Blick auf „ihre Verbrechen“ erkennt man jedoch schnell, worin die eigentliche Funktion des Lagers bestand. Als ihre Probezeit dann vorüber war, übernahm sie 1941 die Leitung der Kleiderkammer in Ravensbrück und begann somit ihre Karriere als Aufseherin.
:: Am 16. Oktober 1942 wurde Braunsteiner nach Majdanek versetzt, wo sie bald im Frauenfeld tätig war. Schon früh war sie dank der Oberaufseherin Erich (mit welcher sie befreundet war) bei Vergasungsaktionen anwesend.
:: Mitte Mai 1945 beförderte man sie schließlich zur stellvertretenden Oberaufsehrin. Nun durfte sie Appelle abnehmen, Arbeitskommandos geben, die Häftlingsunterkünfte kontrollieren und Transporte zusammenstellen.
:: 1944 wurde der „Stute von Majdanek“ das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse verliehen – für besondere Verdienste und ihren Pflichteifer. Allerdings wurde sie bereits im Mai 1945, aufgrund längerfristiger Arbeitsunfähigkeit durch Krankheitsfälle, nach Ravensbrück zurückversetzt.
:: Trotz ihrer Ausfälle war sie die berühmteste Aufseherin von Majdanek. Dieses „Ansehen“ war lediglich auf ihre Graumsamkeit zurückzuführen.
:: Zurück in Ravensbrück war sie Oberaufsehrin über 14 SS-Frauen und über das Nebenlager Genthin. Als sich jedoch die russischen Truppen näherten und die Lager aufgelöst wurden, ergriff sie die Flucht.
:: So endete im Jahre 1945 ihre Karriere als „Stute von Majdanek“.

Ihre Verbrechen
:: Hermine Braunsteiner war allgemein dafür bekannt, mit Eisen beschlagenen Stiefeln nach den Hältlingen zu treten und sie mit einer Peitsche zu schlagen, weshalb sie von den Häftlingen den Spitznamen „Stute“ bekam.
:: Sie schlug Kinder, die sich auf einen Essenskübel stürzten, mit der Suppenkelle blutig und peitschte Mädchen, die ihre Häftlingsnummer nicht korrekt angenäht, Strümpfe getragen, Kissen unter die dünne Kleidung gebunden oder über Hunger geklgt hatten.
:: Im Oktober 1943, als braunsteiner 24 Jahre alt war, gab es einen Vater, der versuchte seinen Sohn in seinem Rucksack in das konzentrationslager zu schmuggeln. Doch Braunsteiner sah, dass sich etwas in dem Rucksack bewegte. Mit einer Petsche schlug sie dann so lange auf den Rucksack ein, bis nur noch ein Wimmern zu hören war. Dann zog sie den blutigen Jungen an den Haaren heraus und warf ihn wie Vieh auf einen offenen Lastwagen zu anderen Kindern. Alle Kinder wurden später in der Gaskammer ermordet.
:: Des weiteren hat Braunsteiner bei Selektionen geholfen und trägt somit die Mitschuld am Tod tausender Menschen.

Alltag nach dem Krieg
:: Nachdem ihre Karriere als KZ-Aufseherin beendet war, arbeitete Braunsteiner als Haushalsgehilfin in Wien und nahm mehrere kleinere Jobs an.
:: Am 6. Mai 1946 wurde sie erstmals wegen ihrer KZ-Tätigkeit verhaftet. Bis 1947 verbrachte sie ihre Zeit in verschiedenen Internierungs- und Kriegsgefangenenlagern. Zu einer Verurteilung kam es nicht. Am 7. April 1948 wurde sie dann aufgrund ihrer Aufseherin-Tätigkeit ein zweites Mal verhaftet und wurde vom „Landesgericht für Strafsachen in Wien als Volksgericht“ zu drei Jahren Haft und schwerem Kerker verurteilt. 1950 war Braunsteiner das erste Mal für ihre taten in Majdanek angeklagt. Aufgrund mangelnder Beweislage wurde sie jedoch freigesprochen.
:: Mitte der 50er Jahre lernte sie den amerikanischen Russel Ryan kennen, welchem sie später in Kanada das Ja-Wort gab. Kurz darauf wanderte das kinderlose Ehepaar in die USA aus, wo sie 1963 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt.

Die gerechte Strafe ?
:: 1964 wurde sie durch einen Jounalisten in New York entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie noch als eine nette Hausfrau von nebenan von ihren Nachbarn betrachtet. 1971 wurde ihr dann die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt.
:: Es kommt immer wieder zu Verzögerungen, durch Unterschriftenaktionen des Gatten und Bemühungen des Anwalts. Als Hermine Ryan-Braunsteiner jedoch schließlich erfährt, dass auch Polen Interesse an ihr zeigt, bittet sie, diese Unternehmungen einzustellen, auf Grund der Tatsache, dass in Polen zu dieser Zeit noch die Todesstrafe existiert.
:: So wird sie am 6. August 1973 schließlich nach Deutschland ausgeflogen und kommt in Untersuchungshaft. 1975 steht Hermina Braunsteiner als eine von 15 ehemaligen Aufseherinnen aus Majdanek vor Gericht. So begann einer der längsten Prozesse unserer Zeit. Hermine Ryan-Braunsteiner war mit ihren 56 Jahren die Schweigsamste und machte nur die nötigsten Angaben…
:: Am 30. Juni 1981 wurde dann schließlich die Frau, die einst mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, zu 15 Jahren Haft verurteilt. 1996 wurde sie schließlich mit 77 Jahren entlassen. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwer gicht- und zuckerkrank. 1999 starb sie dann in Bochum.

Quellen:
– “Die Stute von Majdanek” von Thorsten Schmitz; erschienen im Süddeutsche Zeitung Magazin
– “Lebenslauf einer SS-Aufseherin” von Elissa Mailänder Koslov; erschienen in “Tatort KZ.”, Ulm 2003
– Foto: Aufseherinnenausstellung Ravensbrück 2005

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Kinderschuhe aus Lublin

Es war ein unbeschreiblich schreckliches Gefühl, das sich in mir breit machte, als ich den Gang in der nur schwach beleuchtete Baracke hinunterging. Links und rechts von mir nichts als Schuhe. Schuhe von Männern, Schuhe von Frauen, Schuhe von Kindern. Den Geruch von Desinfektionsmittel in der Nase wurde mir erst hier richtig bewusst, wie viele Menschen den Tod gefunden haben. Man kennt die Zahlen, doch sie sind zu groß, als dass man sie sich wirklich vorstellen könnte…

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Kinderschuhe aus Lublin – In einer der erhaltenen Baracken in Majdanek wurden all die Schuhe, welche den Häftlingen abgenommen wurden, hinter Gittern aufgestapelt. Es gibt keine Worte für das Gefühl, das sich in einem Ausbreitet, wenn man in dieser Baracke steht.