Exkursion zur Gedenkstätte Ravensbrück

(basierend auf einer Hausaufgabe für den Geschichtsunterricht 2001 / Fotos aus 2005 nachträglich hinzugefügt)

Am 9. Mai 2001 besuchten wir das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Der Bus hielt vor dem Ausstellungsgebäude. Während der Führung erwartete uns rechts von diesem Gebäude eine riesige Walze, welche Frauen, die bestraft wurden ziehen mussten. Ebenfalls rechts befand sich eine Parkanlage. Sie lag an einem See und am Ufer stand eine Statue, welche eine Frau und ein Kind zeigte. Frau und Kind schienen über den See zu schauen, als wenn sie der Freiheit entgegenblickten. Beide waren sehr dünn. Aus einem Film, der uns gezeigt wurde bevor unsere Führung begann, wussten wir das manche Frauen für einige Kinder sorgten, so als wären es ihre eigenen. Links von dem besagten Gebäude lag neben dem Weg ein kleiner Platz, auf dem seltsam aussehende Figuren standen. Diese Figuren – Figuren gegen das Vergessen – hatten die Gestalt von Menschen, von sehr dünnen, ausgezehrten Menschen, welche fast schon wie Skelette wirkten. In der oberen Hälfte des Oberkörpers waren Dreiecke angebracht, so genannte Winkel.
Eine Spitze des Dreiecks zeigte nach unten. Sie hatten alles unterschiedliche Farben. Rot stand für Politische Gefangene, grün für Berufsverbrecher, blau für Emigranten, violett für Bibelforscher, rosa für Homosexuelle und schwarz für Asoziale. Schräg hinter dem Ausstellungsgebäude breitete sich ein weiter Platz vor uns aus, dem eigentlichen Konzentrationslager-Gelände. Gleich rechts vom Eingang lag die Ruine des Duschraumes, in denen sich die Frauen zunächst einmal waschen mussten.

Ravensbrück

Auf dem weiten Platz standen lange Baumreihen. Unser Führer erklärte uns, dass hier einmal die Kavernen standen, in denen man die Frauen unterbrachte. In jeder Kaverne schliefen viel mehr Menschen als es die Konstrukteure vorgesehen hatten. Bevor die Frauen jedoch in diese Gebäude kamen wurden ihnen, um Krankheiten vorzubeugen, sowohl die Kopfhaare als auch die Schamhaare abrasiert, sie bekamen andere Kleidung und mussten ihren ganzen Besitz abgeben. Heute stehen dort allerdings keine Kavernen mehr, und es ist schwer vorstellbar, dass es dort mal so viele gegeben haben soll. So wie man uns sagte, mussten die Frauen um 2 Uhr morgens aufstehen und sich aufstellen, damit sie bis circa um 6 Uhr gezählt werden konnten.

Unserer Leiter brachte uns nach der Besichtigung in einen Raum, in dem, um ein Modellbau des Lagers, Bänke standen. Er zeigte uns noch einmal wo wir langgelaufen waren, zeigte uns weitere Gebäude und erklärte uns deren Funktionen. Nachdem er fertig war durften wir uns frei bewegen, ohne Führer und Aufsichtspersonen, um unsere Arbeitsaufträge auszufüllen. Der erste Punkt auf dem Arbeitsblatt meiner Gruppe besagte, dass wir uns die zwei Zeichnungen auf unseren Kopien anschauen sollten und dann die Begriffe ‘Winkel’, ‘Individualität’, ‘Einheitskleidung’, ‘Ausweis’, ‘Name’, ‘Nummer’, ‘Gleichheit’, ‘Schönheit’, ‘Eigentum’ und ‘Angst’ zuzuordnen. Auf dem ersten Bild konnten wir eine Gruppe Menschen in vielen verschiedenen Kleidern sehen, sowie Kisten, Koffer und Reisetaschen. Rechts im Bild standen mehrere Frauen in schwarzen Gewändern, möglicher Weise die Aufseherinnen. Dieses Bild sollte wahrscheinlich zeigen, wie die Frauen, gerade in Ravensbrück angekommen, ihr Gepäck und ihre Kleidung abgeben mussten, während die Aufseherinnen alles überwachten. Wir beschlossen diesem Bild die Wörter ‘Individualität’, ‘Eigentum’, ‘Ausweis’, ‘Schönheit’ und ‘Name’ zuzuordnen, da die Frauen hier noch eine eigene Identität hatten, man konnte sie anhand ihres Aussehens leicht unterscheiden.
Im zweiten Bild konnte man auch eine Gruppe von Menschen sehen. Sie schienen jedoch im Freien zu stehen. Sie standen in ‘Reih und Glied’ mit kahl geschorenen Köpfen und in gestreifter Kleidung. Im hinteren Teil des Bildes konnte man einen Berg erkennen, der aussah wie Reisetaschen und Koffer, vielleicht das Gepäck der Neuankömmlinge. Unter dem Bild stand ‘Deux heures après…’. Das bedeutet soviel wie zwei Stunden später. Diesem Bild ordneten wir die Wörter ‘Winkel’, ‘Nummer’, ‘Gleichheit’ und ‘Einheitskleidung’ zu, da diese Frauen nun ihren Namen, ihre Schönheit und ihr Eigentum verloren hatten. Sie hatten nicht länger eine eigene Identität. Statt Namen bekamen sie Nummern und Winkel. Die Gleichheit entstand durch die Einheitskleidung. Nun blieb nur noch der Begriff ‘Angst’. Letztendlich entschlossen wir uns diesen Begriff beiden Bildern zuzuschreiben, denn sie hatten bereits im ersten Bild Angst vor dem, was kommen würde und in der zweiten Situation konnte Angst nicht ausbleiben, da sie ihre Freiheit wahrscheinlich nie wieder erlangen würden.

Zum zweiten Punkt fiel uns erst nichts Gescheites ein. Wir sollten überlegen, welche Bedeutung die Häftlingsnummern und die Winkel hatten. Schließlich sind wir zu der Überlegung gekommen, dass die Häftlingsnummer zum Einen ein Ersatz für die Namen sein sollte und zum Anderen die Frauen demütigen und einschüchtern sollten. Was die Winkel anbetrifft, so dachten wir, dass diese sie in unterschiedliche Gruppen unterteilen sollten, zum Beispiel in Nationalität und Religion, doch auch hier glaubten wir, dass es sich um Einschüchterungsversuche handelte. Bei den Winkeln gab es nicht nur eine Einteilung durch die Farben, auch die Form des Winkels hatte etwas zu sagen. Ein normales gleichseitiges Dreieck kennzeichnete nur die Grundfarbe. Ein gleichseitiges Dreieck mit einem schmalen Balken darüber war das Abzeichen für Rückfällige, ein Dreieck mit einem weißen Kreis darunter, in dem sich wiederum ein kleinerer schwarzer Kreis befand, stand für Häftlinge der Strafkompanie. Der Davidstern, bei dem das vordere Dreieck die Farbe der jeweiligen Gruppe hatte und das untere die Farbe gelb, war das spezielle Abzeichen für Juden. Zudem gab es noch eine Reihe von Sonderzeichen. Ein Davidstern, bei dem beide Dreiecke gelb Waren, dass vordere jedoch eine dicke schwarze Umrandung hatte, stand für einen jüdischen Rassenschänder. Ein anderer Davidstern, bei dem Das hintere Dreieck schwarz und das vordere Dreieck gelb war stand für eine jüdische Rassenschänderin. Ein weißer Kreis mit einem kleineren roten Kreis darin war das Abzeichen für Fluchtverdächtige. Ein rotes Dreieck mit einem P darin, war das Zeichen für einen Pole, und ein rotes Dreieck mit einem T darin, war das Zeichen für einen Tscheche. Ein rotes Dreieck mit schwarzer Umrandung stand für ehemalige Wehrmachtangehörige und das dreidimensionale Bild eines Zylinders, dessen Grundform weiß und dessen Mantel schwarz war, stand für Häftling I a.

Für die letzte Aufgabe sollten wir uns die Haftfotos von Irmgard Konrad anschauen, diese sollten sich in der Vitrine von Irmgard Konrad in der Ausstellung ‘Ravensbrückerinnen’ befinden. Wir sollten nun mit eigenen Worten beschreiben, wie und mit welchen Mitteln die zwei Stunden der Ankunft das Leben und das Selbstbewusstsein der inhaftierten Frauen grundlegend veränderten. Wir fanden zwar eine Vitrine von Irmgard Konrad, aber diese schien nicht die richtige zu sein, denn dort waren keine Haftfotos, wie ich sie mir vorgestellt hatte ausgestellt. Die Haftfotos die dort hingen zeigten Irmgard Konrad mit voller Haarpracht und wurden, laut Angabe, gemacht, weil sie bestraft werden sollte. In ihrem Gesicht spiegelte sich Angst, ihr Mund war zu einer seltsamen Grimasse verzogen und ihre Augen waren weit aufgerissen. In dem Text daneben bemerkte sie abschließend, dass sie das Leben in den Konzentrationslager nicht abgehärtet hatte, sondern es sie nur sensibler gemacht hatte, Sensibler gegen Diskriminierung und Rassenhass.